Donnerstag, 19. November 2015

Die Stunde der Liebenden von Lucy Foley




    Erscheinungsdatum: 24.10.2015
    Verlag: Insel Verlag 
    ISBN: 9783458361077
    Flexibler Einband: 460 Seiten

    Meine Bewertung: 5 von 5 Punkten 

Nach dem Tod ihrer Großmutter lebt die junge Fotografin Kate 1986 allein in dem großen Familienhaus in London. Als sie in alten Kartons stöbert, findet sie Briefe und eine Frauenzeichnung aus dem Jahr 1928. Die Ähnlichkeit mit ihrer Mutter ist frapierend. Sollte dies die Frau sein, die ihr Kind (ihre Mutter) ausgesetzt hatte? Natürlich will sie dem Geheimnis auf den Grund gehen. Rückblick ins Jahr 1928 als Alice und Tom, die sich aus Kindertagen her kennen, sich zufällig treffen und ineinander verlieben. Der junge Künstler und die vor Energie sprühende Frau scheinen füreinander geschaffen zu sein.


Lucy Foley hat einen wunderschönen stimmungsvollen Schreibstil. Man wird in eine andere Zeit und einen anderen Ort versetzt. Landschaften und Emotionen werden fühlbar transportiert. Besonders die Landschaftsbeschreibungen Korsikas vermitteln Fernweh. Obwohl die Abschnitte häufig Zeit, Ort und Erzähler wechseln, hat man dank der unterschiedlichen Sprachstile nie das Gefühl, die Übersicht zu verlieren.

Die Geschichte beginnt im Jahr 1986 als Kate ein über Jahre gehütetes Geheimnis ihrer verstorbenen Großmutter lüftet. Sie hat Briefe die an ihre Adoptivtochter gerichtet waren für sich behalten. Nun macht sich die Enkelin auf die Suche nach ihren Wurzeln. Auf Korsika trifft sie den Maler Thomas, der 1928 eine Zeichnung ihrer leiblichen Großmutter gefertigt hat und erfährt von ihm eine unglaubliche Geschichte. Seine Erinnerungen lassen die Liebesgeschichte zwischen Alice und Thomas lebendig werden. Gegenwart und Vergangenheit wechseln sich ab und man ist hin- und hergerissen, welcher Erzählstrang mehr fesselt.

Die Charaktere wirken sehr natürlich und glaubhaft. Besonders Thomas wirkt sehr herzlich und sympathisch. Ob nun als junger schüchterner Mann, der seinen Weg noch finden muss oder als in die Jahre gekommener berühmter Künstler, der zurückgezogen auf Korsika lebt. Auch seine große Liebe Alice nimmt den Leser schnell für sich ein. Die lebenslustige unkonventionelle Tochter aus Gutem Hause liebt es im Mittelpunkt zu stehen und ist die größte Bewunderin von Thomas Werken. Ihr Lebensweg bleibt lange im Dunkeln und man fragt sich, warum sie ihr Kind weggeben haben mag. Verletzte Gefühle, Leben in unterschiedlichen Ländern, der 2. Weltkrieg und Missverständnisse lassen die füreinander Geschaffenen sich immer weiter voneinander entfernen.  

"Ich glaube wir tragen alle unsere Vergangenheit mit uns, in dicht an
dicht übereinanderliegenden Schichten, wie bei einer Zwiebel. Irgendwo
steckt noch jenes Mädchen in dir, auch wenn es inzwischen von neuen
Schichten überlagert sein mag. Dieses Mädchen ist es, das dich
zusammenhält; es ist dein eigentliches Inneres."
Der schicksalhafte Fund der Zeichnung läßt Kate nach Jahren der Ungewissheit das Schicksal zweier Menschen aufdecken. Dabei wird ihr eigenes bisher ruhiges Leben völlig auf den Kopf gestellt. Die Suche nach sich selbst und ihrer zukünftigen Bestimmung wird deutlich skizziert. Dabei darf natürlich auch ihr Gefühlsleben nicht zu kurz kommen. Im Enkel von Thomas findet sie einen emotionalen Begleiter, der sie stützt als die Ereignisse sich überschlagen. Auch hier findet die Autorin die geeigneten Stilmittel, um das besondere dieser zwei Menschen herauszuarbeiten. Leider verliert sich die die Geschichte von Kate und Oliver am Ende. Aber vielleicht ist es auch nur der Auftakt zu einem neuen Roman - wer weiß.

Durch den gelungenen Schreibstil, der so viel Gefühl transportiert, verzeiht man die ein oder andere offene Frage. Ein toller sehr empfehlenswerter Debütroman.


Mittwoch, 18. November 2015

Und Gott sprach: Du musst mir helfen von Hans Rath




    Erscheinungsdatum: 30.10.2015
    Verlag: Wunderlich 
    ISBN: 9783805250924
    Flexibler Einband: 288 Seiten

    Meine Bewertung: 5 von 5 Punkten 

Viele fühlen sich von Gott verlassen, anders ergeht es da Jakob Jakobi. In Gestalt von Abel Baumann erscheint Gott ihm und hat auch gleich eine wichtige Aufgabe für Jakob. Er ernennt ihn zum neuen Messias und stellt ihm an dessen Seite Apostel, die im Kreis von Kriminiellen und Obdachlosen rekrutiert wurden. Bevor es aber mit der "Frohen-Botschaft-verkünden" losgehen kann, türmen sich mehr Fragen als Lösungen auf. Wem hilft man zuerst und wo soll das nötige Geld dafür herkommen? Jakob fühlt sich überfordert und würde am liebsten zurück in sein altes Leben, doch so schnell gibt Abel Baumann nicht auf.

Hans Rath hat mit diesem Band die "Und Gott sprach"-Trilogie beendet. Schwungvoll mit viel Humor und Augenzwinkern wird man gleich auf den ersten Seiten förmlich in die Geschichte hineingezogen. Der Autor versteht es, Probleme wie Arbeitslosigkeit, Tierversuche, Kinderarmut und Reichtum auf der anderen Seite leicht zu verpacken und trotzdem den Leser zum Nachdenken anzuregen.

Dieser leicht tolpatschig gutmütige Jakob Jakobi verbreitet einen ungeheuren Charme. Man muss ihn einfach mögen. Zusammen mit ihm macht man sich auf, die eigene heile Welt zu verlassen und die Augen zu öffnen.

Jakob erlebt Enttäuschungen, muss Rückschläge einstecken und auch echte Schläge. Doch Abel Baumann ist immer wieder zur Stelle, um ihn wieder aufzurichten, ihm den Weg zu weisen.

Kleiner heimlicher Star der Handlung ist der Nebendarsteller Rechtsanwalt Günther, den Abel vor seinen anstehenden Taten immer wieder um Rat fragt und sich absichert, ob er straffrei davonkommen würde. Seine trockenen Kommentare sind das Salz in der herrlichen frischen Humorsuppe.  

"...diese Welt wird nicht deshalb vor die Hunde gehen, weil Leute Gutes tun, um ihr Gewissen zu beruhigen. Das Problem sind die Leute, die gar kein Gewissen haben."
Die Botschaft in diesem Buch ist deutlich. Gott ersetzt die alten Gebote durch ein einziges Neues:
"Du sollst nicht gleichgültig sein". Wenn wir alle danach leben würden, wäre die Welt schon ein Stückchen besser. Danke Herr Rath!

Dieses Buch sowie die beiden vorherigen Bände haben mich begeistert und vortrefflich unterhalten. Leider heißt es jetzt Abschied nehmen von Abel und Jakob - aber wer weiß ....

hier geht es zur Autorenseite

Dienstag, 17. November 2015

[Aktion] Leserpreis 2015 - Es darf abgestimmt werden

Auch dieses Jahr darf man wieder gespannt sein, welche Bücher für den Leserpreis 2015 bei Lovelybooks nominiert worden sind.

Die Nominierungsphase ist abgeschlossen. Jetzt sind Eure Stimmen gefragt. Wählt Eure Lieblingsbücher 2015.

Bis zum 24. November 2015 kann man seine Stimme in unterschiedlichen Kategorien abgeben.

Ich bin gespannt, wer dieses Jahr die Gewinner sein werden. Leider haben es nur wenige meiner Nominierungen in die Endrunde geschafft. Beim Kinderbuch sieht es aber noch sehr gut aus.
Ich drücke die Daumen !!!

Spacekids von Andreas Schlüter




    Erscheinungsdatum: 23.10.2015
    Verlag: dtv junior 
    ISBN: 9783423761246
    Fester Einband: 272 Seiten

    Meine Bewertung: 5 von 5 Punkten 

Ein harmloser Sprung in den Badesee katapultiert Perry, Lea, Marvin und Emily ins Jahr 2200. Die Geschwisterpaare sind völlig überrumpelt als sie begreifen, dass sie in einem Raumschiff sind. Außer ihnen gibt es nur einen Androiden der sie über ihre Mission unterrichtet. Die Erde steht vor ihrem Untergang und es muss dringend ein neuer Planet bewohnbar gemacht werden. Der "Planet der Kinder" ist aber leider schon von Außerirdischen besetzt, was niemand wusste. Gut, dass die Kinder ein Schnelllernprogramm durchlaufen haben und ihre neuen Fähigkeiten ausprobieren können.


Andreas Schlüter Andreas Schlüter hat einen tollen Auftaktroman zu seiner neuen Weltall-Serie für Kinder geschrieben. Das fantastische Abenteuer wird für die Altersgruppe 10 - 13 Jahren empfohlen. Für interessierte 9-jährige sicherlich auch schon lesenswert. Der Schreibstil ist locker und dank der kurzen Kapitel flüssig zu lesen. Im Buchumschlag findet man Steckbriefe, die die Kinderastronauten beschreiben. So kann man sich schon vorab ein Bild von ihnen machen.

Auch wenn der Anfang etwas wissenschaftlich wirkt, werden die wenigen Fachbegriffe sehr genau und kindgerecht erklärt. Neue Zukunftsvisionen, wie etwa das Lernen im Schlaf finden natürlich bei den jungen Lesern sofort Anklang. Wer möchte nicht gern eine Fremdsprache fließend sprechen lernen, ohne Vokabeln büffeln zu müssen. Noch toller ist es, ein Raumschiff fliegen oder reparieren zu können.

Exotische Tiere und merkwürdige fremde Kinder lassen der Phantasie viel Spielraum und man rätselt gespannt, welches Abenteuer die Kinder bestehen müssen.

Das Ende ist überraschend und gut gelöst und macht natürlich neugierig auf den Folgeband.

Fazit: Gelungener Auftakt für eine neue tolle Weltraumserie.

Kindermeinung:
Wir haben leider keinen Badesee in unserer Nähe, sonst würden wir gern ausprobieren, ob wir auch in die Zukunft reisen können. Das Lernprogramm möchten wir unbedingt auch testen. Besonders das Türüli hat uns gefallen. So ein Haustier hätten wir auch gern. Wir möchten unbedingt das nächste Buch lesen, weil wir so neugierig sind, was in der Schule passiert.

Donnerstag, 5. November 2015

[Aktion] Leserpreis 2015 bei Lovelybooks

Auch dieses Jahr darf man wieder gespannt sein, welche Bücher für den Leserpreis 2015 bei Lovelybooks nominiert worden sind.

Bis zum 12. November 2015 kann man noch  pro Kategorie jeweils bis zu drei Bücher, die im Zeitraum vom 1.11.2014 bis 31.10.2015 erstmalig veröffentlicht wurden, nominieren.

Für einige Kategorien habe ich schon Bücher nominiert.

Wie sieht es bei Euch aus?

Meine bisher vorgeschlagenen Bücher sind:

Romane: 
Makarionissi oder Die Insel der Seligen von Vea Kaiser
Insel der blauen Gletscher von Christine Kabus

Krimi und Thriller
Todesurteil von Andreas Gruber
Veilchens Winter von Joe Fischler
PHOENIX - Unsere Rache wird euch treffen von Matthias Jösch

Kinderbücher:
Das wilde Määäh und die Monster-Mission von Vanessa Walder
Seeland - Per Anhalter zum Strudelschlund von Anna Ruhe
Trick 347 oder Der mutigste Junge der Welt von Nina Weger





Montag, 2. November 2015

Aller Anfang fällt vom Himmel von Veronika Peters




    Erscheinungsdatum: 21.09.2015
    Verlag: Goldmann Verlag 
    ISBN: 9783442313211
    Flexibler Einband: 288 Seiten

    Meine Bewertung: 4 von 5 Punkten 

Eigentlich will Korbinian nur seine Ruhe, einen geregelten Alltag. Doch als er aus einer Laune heraus, der kranken Obdachlosen vor dem Supermarkt etwas zu Essen gibt, verändert sich für ihn so einiges. Die 17-jährige Billa folgt ihm und krank wie sie ist, kann er sie natürlich nicht auf die Straße setzen. Plötzlich wird seine kleine Welt gestört und ihm fällt nur seine Schwester Emilia ein, die ihm helfen könnte. Mit Ruhe und Ordnung wird es so schnell nichts mehr, denn auch Billas dubiose Freunde lassen nicht lange auf sich warten. Glücklicherweise gibt es noch Kneipenwirt Schiller, bei dem man ohne viel Worte verstanden wird.

Veronika Peters macht auf leichte Weise auf ein gesellschaftskritisches Thema aufmerksam. Schon nach den ersten Seiten fragt man sich, wie man wohl selbst an Stelle von Korbinian gehandelt hätte. Wegsehen oder helfen? An wie vielen Personen ist man teilnahmslos vorbeigegangen, hat sich vielleicht sogar darüber geärgert, dass schon wieder jemand vor einem Kaufhauseingang sitzt. Auf die sehr warmherzig beschriebenen Charaktere wird das Hauptaugenmerk gelegt.

Sehr sympathisch wird der alleinlebende Witwer Korbinian beschrieben. Er hat sich seit dem Tod seiner Frau völlig in seine kleine Welt zurückgezogen. Er merkt aber gar nicht, wie einsam er eigentlich ist. Sein selbst auferlegtes Verwahrlosungsprogramm hat mich erschreckt. Wenn man sich so stark an Regeln klammern muss, damit man überleben kann, dann ist das nicht mehr lebenswert. Die Nähe zu seiner Schwester tut ihm gut, auch wenn er es sich nicht eingestehen möchte.  

"Für den Bruchteil einer Sekunde dachte Korbinian daran, Emilia spontan in den Arm zu nehmen. Weil das aber genau die Art von Gefühlsregung freisetzen konnte, die ihn womöglich die Fassung kostete, ließ er es bleiben und ging in den Flur, um Schuhe und Mantel anzuziehen."
Das Bündel Mensch, was dort vor dem Kaufhaus sitzt, löst sich aus der Anonymität und bekommt einen Namen, eine Geschichte. Die 17-jährige Billa wird nicht plötzlich zum reizenden jungen Mädchen. Sie bleibt rebellisch, bockig und hat so ihre eigenen Ansichten, was Ehrlichkeit und Vertrauen angeht. Das Ausreißerkind wird aber mehr und mehr zu einer denkenden und emotional agierenden Person.

Mein heimlicher Held in diesem Roman ist aber Kneipenwirt Schiller, der ruhig und gelassen Korbinian unterstützt und immer zum Reden da ist. Über Jahre hinweg hat er Korbinian beobachtet und instinktiv genau das Richtige getan. Aus einer langjährigen Gast/Wirt-Beziehung entwickelt sich eine enge Männerfreundschaft.

Nicht alle Szenen wirkten auf mich glaubhaft und nachvollziehbar. Vieles lief zu glatt und wäre in der Realität mit mehr Schwierigkeiten verbunden. Aber die enthaltene Botschaft, sich mehr mit seinen Mitmenschen auseinanderzusetzen, die Augen offen zu halten und Manches hin und wieder zu hinterfragen, ist angekommen.

Der Anfang "Kurz vor Schluss" und das Ende sind sehr gelungen aufeinander abgestimmt.

Fazit: Ein gelungener Unterhaltungsroman mit Tiefgang.


Freitag, 30. Oktober 2015

Das Lächeln des Panthers von Johannes Groschupf


http://www.oetinger.de/buecher/taschenbuecher/neuerscheinungen/details/titel/3-8415-0349-7/19747/0/Agentur/Heike/Brillmann-Ede/Taschenbuch_-_Das_L%E4cheln_des_Panthers.html

    Erscheinungsdatum: 01.10.2015
    Verlag: Verlag 
    ISBN: 9783841503497
    Flexibler Einband: 224 Seiten

    Meine Bewertung: 3 von 5 Punkten
Ein Anruf der Mutter holt die 17-jährige Katinka aus dem beschaulichen Internatsleben in Schottland zurück nach Berlin. Nach kurzer schwerer Krankheit stirbt ihr Vater und hinterlässt ihr das im Familienbesitz befindliche Hotel Marabu. Wie soll es jetzt mit dem hoch verschuldeten Gebäude, das stark renovierungsbedürftig ist, weitergehen? Eine mondäne Baronin, ein drängender Investor, ausbleibende Gäste und merkwürdige Vorkommnisse machen es Katinka nicht leichter, sich zu entscheiden.

Johannes Groschupf hat mit diesem Jugendbuch ein altes Hotel und deren Geschichte lebendig werden lassen. Der Schreibstil ist leicht und gut zu lesen. Wobei nicht durchgehend der gleiche Stil gewählt wird. Die Geschichte wird langsam aufgebaut und viele Andeutungen lassen ahnen, dass es um mehr geht, als um ein Erbe.

Interessante Charaktere verleihen der Geschichte einen gewissen nostalgischen Touch. Da ist zum Beispiel der geheimnisvolle Gast Skripnik, der stundenlang das Gemälde "Das Lächeln des Panthers" anschaut. Seine Spur verliert sich aber zunehmend in der Handlung, die vom Leser erwartete Geschichte bleibt aus.

Die Baronin von Rochlitz, die wie ein Schatten anfangs immer wieder mit einem Rolls Roye vor dem Hotel auftaucht und verschwindet, bekommt dagegen im Laufe der Handlung immer mehr Konturen.

Das verstaubte Flair des Hotels soll durch jüngere Einflüsse aufgelockert werden, was nur teilweise gelingt. Ein junger Künstler, der Katinka sofort sympathisch ist, bleibt leider sehr im Hintergrund und wirkt nicht greifbar, obwohl sich zwischen den beiden eine Liebesgeschichte entwickelt. Eine Schülerparty im Hotel gerät außer Kontrolle und auch die Sprache verliert sich hier zunehmend.

Interessant ist das eigentliche Geheimnis das das Hotel in sich birgt. In den Kriegswirren des 2. Weltkrieges wurde das Hotel zu einem wichtigen Ort. Doch nicht nur das Haus, sondern auch Katinka erlebt eine Überraschung, was ihre Vergangenheit angeht.

Zum Ende wird der Spannungsbogen dann doch sehr überstrapaziert. Dinge überschlagen sich, werden teilweise sehr überzogen dargestellt und sehr dramatisch beschrieben.

Für mich wurden viele Dinge nicht beendet oder schlüssig erklärt.

Fazit: Ein Jugendbuch, dass sich schnell und flüssig lesen läßt, aber wenig Tiefgang besitzt. 


Mittwoch, 28. Oktober 2015

Lieben lassen von Ariane Sommer, Roman Libbertz

http://www.arsvivendi.com/Buch/Krimi/9783869135755-Lieben-lassen
    Erscheinungsdatum: 24.09.2015
    Verlag: ars vivendi 
    ISBN: 9783869135755
    Fester Einband: 200 Seiten

    Meine Bewertung: 2 von 5 Punkten 

Ruhelos und selbstzerstörerisch ist die Fotografin Alex Mondo in Rom auf der Suche nach dem perfekten Motiv für die Biennale. Objekte findet sie in eigenen sexuellen Begegnungen, die sie mit der Kamera festhält. Während eines Geschäftsessens lernt Alex den Businessman Tom Weiss kennen. Beide fühlen sich voneinander angezogen und verbringen die Nacht zusammen. Als Tom zurück nach Hamburg muss, scheint die kurze Liaison beendet.

Das Autorenduo Ariane Sommer und Roman Libbertz hat als Schreibstil einen Perspektivenwechsel zwischen Alex und Tom gewählt. Ohne Kapiteleinteilung findet ein schneller Schlagabtausch zwischen "Er" und "Sie" statt. Die verschiedene Sichtweise der Protagonisten wird dadurch offensichtlich.

Angst bestimmt das Leben beider Protagonisten. Alex hat Angst die Krankheit ihres Vater in sich zu tragen und ist ständig bereit, sich das Leben durch eine Todeskapsel zu nehmen. Tom lebt zwar auf der beruflichen Überholspur, hat aber Bindungsängste und Panikattacken.

Es scheint, als wären hier weibliche und männliche Rollen vertauscht. Alex, die sich ihren Gefühlen nicht stellen will und Tom, der plötzlich nicht mehr ohne Alex sein möchte. Was eben noch Glück war, ist jetzt Schmerz.

Weichzeichner-Romantik sollte man in diesem Roman nicht suchen. Einige Szenen hätten für mich auch weniger detailliert stattfinden können. Mir fehlt eine klare Handlung, ein roter Faden. Vieles wird nur angerissen und nicht mehr aufgegriffen. Einiges ist auch völlig fehl am Platz. Tom setzt sich mehrfach mit einem imaginären Obi Wan auseinander, der ihm mit Rat und Tat zur Seite steht.

Man bekommt zwar ein Gefühl für die Zerrissenheit der Protagonisten, aber gelungen ist die Mischung aus Sehnsüchten, Angst, Emotionen, Lust und Liebe nicht.

Leider hat mich der Roman nicht überzeugen können.

Lesung der Autorin:  


Mittwoch, 21. Oktober 2015

Lindbergh - Die abenteuerliche Geschichte einer fliegenden Maus von Torben Kuhlmann






    Erscheinungsdatum: 19.10.2015
    Verlag: der Hörverlag 
    ISBN: 9783844519617
    CD: 1

    Meine Bewertung: 5 von 5 Punkten mit Sternchen 

Die Erfindung der Mausefalle Anfang des 20. Jahrhunderts läßt die Mäuse aus Hamburg Richtung Amerika fliehen. Nur Charlie, der verträumt zwischen seinen geliebten Büchern sitzt, merkt davon nichts. Die großen Dampfer im Hafen werden von gefräßigen Katzen bewacht. Wie soll er da nur über den Atlantik nach Amerika gelangen? Seine Idee ein Fluggerät zu bauen, ist gefährlich. Trotz Fehlschlägen arbeitet er besessen an seiner Maschine, denn die Zeit drängt: Gefahren lauern jetzt auch in der Luft.


Der Hessische Rundfunk hat die wundervolle Bilderbuchgeschichte von Torben Kuhlmann als Hörbuch herausgegeben. Bastian Pastewka erzählt so lebendig und vermittelt so viel Atmosphäre, dass man gebannt der Geschichte folgt. Empfohlen wird die Geschichte ab 5 Jahren. Nach oben gibt es aber keine Begrenzung, denn auch erwachsene Hörer finden Gefallen an Charlies Abenteuer. Zwei wundervolle Zeichnungen die perfekt bis ins kleinste Detail ausgearbeitet sind, zeigen Charlie und den Hamburger Hafen. So kann man sich ein noch besseres Bild von der Geschichte machen.

Den Reiz der Geschichte macht die besondere Erzählweise aus. Der Erzähler unterhält sich mit dem Zeichner und dieser läßt die kleine Maus Charlie lebendig werden. Immer wieder wird die Erzählung durch Einwände des Zeichners unterbrochen, weil er gar nicht so schnell zeichnen kann, wie Charlie seine Abenteuer erlebt.

Geräusche von tribbelnden Mäuseschritten und Flügelschwingen von verfolgenden Eulen unterstreichen das Hörerlebnis. Man taucht ein in eine Welt voller Gefahren, fiebert mit Charlie mit, wenn er gerade noch entwischen kann und ist gespannt, ob seine Flugmaschine endlich funktioniert.
Was es mit Lindbergh auf sich hat, wird hier nicht verraten!

Leider war das Abenteuer nach 45 Minuten schon vorbei. Wir hätten sehr gern noch länger zugehört. Meine Kinder sind begeistert.
Das perfekte Erlebnis ist es sicherlich, das Bilderbuch zusammen mit dem Hörbuch zu genießen.

Fazit: Perfekt für einen gemütlichen Familiennachmittag. 


Ein toller Bericht über Torben Kuhlmann:

Sonntag, 18. Oktober 2015

Straße nach Nirgendwo von Nele Löwenberg


    Erscheinungsdatum: 11.09.2015
    Verlag: Ullstein Taschenbuch Verlag 
    ISBN: 9783548287386
    Flexibler Einband: 496 Seiten

    Meine Bewertung: 3,5 von 5 Punkten 

Sheridan Grant befindet sich auf dem Weg nach New York, um als Sängerin durchzustarten. Doch bevor es dazu kommt, wird die 17-jährige wie eine Schwerverbrecherin von der Polizei zurück nach Nebraska gebracht. Ihr Bruder Esra hat in einem Amoklauf mehrere Familienmitglieder getötet und verletzt. Sheridan wird von der Presse und ihrer Stiefmutter Rachel Grant dafür verantwortlich gemacht. Als einziger Ausweg bleibt für sie nur die Flucht in ein anderes Leben.

Nele Löwenberg hat mit "Straße nach Nirgendwo" die Fortsetzung der Sheridan-Grant-Serie geschrieben. Den ersten Band "Sommer der Wahrheit" kenne ich nicht. Die Hinweise auf die Vorgeschichte werden gut erläutert, so dass man auch ohne Vorkenntnisse gut in die Handlung hineinkommt. Der Schreibstil ist einfach gehalten und dadurch flott zu lesen. Dank eines anhängenden Personenregisters läuft man trotz der vielen Namen auch nicht Gefahr, den Überblick zu verlieren.

Der Anfang des Romans wirkt eher wie ein Krimi. Erst nachdem sich die blutigen Wogen um das Attentat auf der Ranch gelegt haben, wird der Focus mehr auf Sheridan gelenkt. Neben diesem Handlungsstrang begleitet man den Polizisten Jordan Blystone, der sich mit der Aufklärung des Grant-Falles beschäftigt.

Die Zerrissenheit und das Gefühlschaos in dem Sheridan lebt, kommen gut zur Geltung. Aufgedeckte Geheimnisse um ihre Adoption und ihre Herkunft lassen erahnen, was dieses Mädchen durchgemacht haben muss. Dennoch gibt es für mich zu viele unglaubwürdige Momente im Buch. Scheinbar hat jeder Mensch, dem Sheridan begegnet und vertraut eine schwarze Seite. Dabei wirkt sie recht naiv und unerfahren, was ihrer bewegten und dramatischen Vorgeschichte widerspricht.

Ermittler Jordan Blystone wirkt sehr sympathisch, ruhig und überlegt. Ohne Vorurteile nähert er sich der Familie Grant. Über Jahre begleitet er den Fall und hilft dabei, das Familiengeheimnis aufzudecken. Dabei sind mir besonders die Nebendarsteller positiv aufgefallen. Viele Details lassen die Grants glaubwürdig erscheinen. Doch auch die Person Blystone erlebt eine Wandlung, die unwahrscheinlicher nicht sein kann. Mich konnte die Veränderung nicht überzeugen.

Das Ende wird bewusst auf eine Forsetzung hin aufgebaut. Man wünscht Sheridan in ihrem neuen Leben fern der Familie endlich Ruhe zu finden. Doch die Hinweise deuten daraufhin, dass ihr Glück wieder nicht von Dauer sein soll.

Dieser Roman wurde für mein Empfinden am Reißbrett entworfen.
Zutaten: Familienstreit, Geheimnisse, Liebe, Hass und eine Prise amerikanischer Pathos.

Fazit: Lese-Fastfood für ein verregnetes Wochenende. 

Freitag, 16. Oktober 2015

Der Zauberfluch des Elfenkönigs von Vanessa Walder

http://www.loewe-verlag.de/titel-1-1/der_zauberfluch_des_elfenkoenigs-4202/
    Aktuelle Ausgabe: 01.01.2011
    Verlag: Loewe 
    ISBN: 9783785572696
    Flexibler Einband: 232 Seiten

    Meine Bewertung: 5 von 5 Punkten 

Mitten aus dem Schlaf heraus wird Ariane von einem Drachen entführt. Eigentlich soll er sie zu den Elfen bringen, aber er läßt sie im geheimnisvollen Zauberwald fallen. Der Weg nach Hause ist ihr versperrt, solange der Elfenkönig seinen Fluch nicht rückgängig macht. Zusammen mit der Schlange Lukretia macht sich Ariane auf den gefährlichen Weg zu den Elfen, um ihre Freiheit zurückzugewinnen.


Vanessa Walder hat eine zauberhafte Welt geschaffen, die nur so vor lauter Fabelwesen wimmelt. Dies ist der erste Band der Elfenkönig-Trilogie. Kurze Kapitel und liebevoll gezeichnete Illustrationen von Almud Kunert erleichtern das Selbstlesen in der Altersgruppe 8 - 10 Jahre.

Im Zauberwald gerät Ariane mitten in den Streit zwischen den Fantastischen und den Waldtieren. Zum Glück gibt es den Kobold Knaster und den kleinen Hasen Theodor, die trotz allem befreundet sind. Mutig stellen sie sich gegen die Übermacht der Zauberwaldbewohner und versuchen, die Ruhe wieder herzustellen.

Wer hätte sich nicht schon einmal gewünscht, Märchenwesen zu treffen, doch so lustig, wie man sich das vorstellt, erlebt Ariane es nicht. Zunächst wirkt der Drache Obligo alles andere als freundlich, würde sie am liebsten sogar fressen. Dank des humorvollen Schreibstils, werden brenzlige Situationen aber schnell zu Schmunzelmomenten.

Während Ariane sich in der Zauberwelt befindet, kann sich niemand mehr in der Menschenwelt an sie erinnern. Durch eine innere Stimme geleitet, zeichnet Arianes Mutter, die beruflich Kinderbücher illustriert, Erlebnisse ihrer Tochter aufs Papier. Ohne zu wissen, wen sie da eigentlich skizziert, nehmen die Zauberwesen auf dem Papier Gestalt an. Diese wundervoll geschilderten Bilder zeigen aber auch die verzwickte Situation des Mädchens. Wie soll sie nur wieder zurückkehren, wenn nicht einmal mehr ihre Mutter sie erkennt.

Dieses fantastische Abenteuer hat unsere ganze Familie verzaubert. Wir freuen uns auf die beiden Folgebände. Lasst Euch entführen in eine fremde Welt voller Fabelwesen.


Montag, 12. Oktober 2015

Trick 347 oder Der mutigste Junge der Welt von Nina Weger

http://www.oetinger.de/buecher/kinderbuecher/ab-10-jahren/details/titel/3-7891-5135-1/21049/28118/Autor/Nina%20/Weger/Trick_347_oder_Der_mutigste_Junge_der_Welt.html
    Erscheinungsdatum: 17.09.2015
    Verlag: Oetinger 
    ISBN: 9783789151354
    Fester Einband: 320 Seiten

    Meine Bewertung: 5 von 5 Punkten 

Der elfjährigen Tom ist von dem plötzlichen Umzug nach Hannover gar nicht begeistert. Seine Mutter hat ein tolles Jobangebot in der Arktis angenommen und er soll in der Zwischenzeit bei seiner Oma wohnen. Zufällig findet er in einem Umzugskarton eine alte Zirkus-Eintrittskarte, die einen Hinweis auf seinen verstorbenen Vater enthält. Sollte etwa der berühmte Arthur Merlini, der einen Zirkus in der Stadt betreibt, sein Vater sein? Tom will es natürlich herausfinden und nimmt Akrobatikunterricht, um unauffällig Nachforschungen anzustellen.


Nina Weger hat ein wundervolles Kinderbuch geschrieben, dass auch Erwachsene nicht aus der Hand legen können. Das empfohlene Lesealter liegt bei 10 bis 12 Jahren. Die Autorin entführt den Leser in die magische Welt des Zirkuslebens. Dabei steht hier nicht der große glamouröse Wanderzirkus, sondern ein Aufenthaltsort für gestrandete Artisten, im Vordergrund. Die Mischung aus aufregenden und mitreißenden Momenten, wie auch berührenden, nachdenklichen Szenen ist gekonnt abgestimmt. Dabei merkt man, dass hier mit sehr viel Herzblut und Leidenschaft für den Zirkus erzählt wird. Im Anhang findet man ein "Kleines Lexikon der Zirkuswörter", in denen Begriffe wie "Kaskadeur" kindgerecht erklärt werden.

Liebenswerte Charaktere mit Ecken und Kanten lassen die Geschichte so lebendig erscheinen. Besonders Tom wächst einem schnell ans Herz. Seine Sehnsucht nach einem Vater und die Enttäuschung über die Lüge seiner Mutter ist deutlich spürbar. Sein großes Vorbild wird der Artist Arthur Merlini, dem er nacheifert und heimlich hofft, dass er sein Vater sein könnte. Zusammen mit den neu gewonnen Freunden Coco und Mia versucht Tom den Zirkus zu retten und besteht dabei einige Abenteuer.

Wichtig sind die kleinen versteckten Botschaften, die lehrreiche Tipps zum Umgang mit Ängsten, Vorurteilen und Einsamkeit geben. Sehr einfühlsam wird z.B. die Depression des Zirkusdirektors beschrieben. Tom versteht, dass Arthur in "ein schwarzes Loch" gefallen ist und er ihm heraushelfen muss.

Besonders gefallen hat unserer Familie das gelungene Ende.

Wir sind begeistert von diesem humorvoll, spannenden und zum Nachdenken anregendem Kinderbuch.  


Mehr Informationen sind auf der Autorinnenseite zu finden.

Donnerstag, 8. Oktober 2015

Penelopes Tod von Silke Nowak

http://silkenowak.de/
    Erscheinungsdatum: 12.09.2015
     
    ISBN: 9781517124571
    Flexibler Einband: 221 Seiten

    Meine Bewertung: 4 von 5 Punkten 

Der gemeinsame Segeltörn von Penny und Chris Winter in der Karibik hat noch gar nicht richtig begonnen, als Chris einen Schlaganfall erleidet. Die Pflege ihres Mannes geht über Pennys Kräfte. Zusätzlich wird sie mit jahrelang verschwiegenen Geheimnissen ihres Mannes konfrontiert. Befindet sie sich tatsächlich in Lebensgefahr? Ohne Chris Hilfe muss sie sich den Gefahren stellen.


Silke Nowak hat ein ungewöhnliches Thema für einen Thriller gewählt. Ausgangspunkt ist kein Verbrechen, sondern ein tragisches Schicksal, das auf wahren Begebenheiten beruht. So wirkt der erste Teil der Geschichte eher wie Aufzeichnungen einer betroffenen Ehefrau. Das Ausmaß des Schlaganfalls und die daraus resultierenden Folgen werden detailliert beschrieben. Der Schreibstil läßt Raum für viel Leserphantasien. Viele Szenen werden nur angerissen und mit Andeutungen beendet, die man als Leser als vermeintlich folgerichtiges Ende ansieht. Die Autorin versteht es falsche Fährten zu legen und Personen in einem falschen Licht zu zeigen.

Besonders gelungen ist dies bei Penny. Von ihrer anfänglichen Hilflosigkeit und Lethargie im Kampf für die Genesung ihres Mannes im ersten Teil, ist zum Ende hin nichts mehr zu spüren. Sie wandelt sich zu einer eiskalt berechnenden Person, die über Leichen geht, um die Liebe ihres Lebens zu retten.

Dies ist auch durch einen sprachlichen Tempowechsel zu spüren. Der Spannungsbogen setzt erst ziemlich spät ein, steigert sich dann aber stark. Erst als wieder eine Kommunikation zwischen den Ehepartnern möglich ist, wird Penny das Ausmaß des Schreckens und die unausweichliche Lösung klar.

Bis auf einige unglaubwürdige Passagen, die im wahren Leben wohl so nicht stattfinden könnten, hat mich dieser Thriller positiv überrascht und abgeholt.

Am Ende der Story wird ein Interview mit den Protagonisten wiedergegben, das die Handlung noch einmal Revue passieren lässt und besonders interessant auf die Problematik von Locked-in-Patienten und deren Schwierigkeit, sich mitteilen zu können, hinweist.

Dieser Thriller ist anders: Langsam, informierend am Start und dramatisch, spannend zum Ende. 

Sonntag, 4. Oktober 2015

Die Tochter des Malers von Gloria Goldreich

http://www.aufbau-verlag.de/index.php/literatur-unterhaltung/romane-erzahlungen/die-tochter-des-malers.html

    Erscheinungsdatum: 21.09.2015
    Verlag: aufbau-verlag 
    ISBN: 9783746631820
    Flexibler Einband: 608 Seiten

    Meine Bewertung: 4 von 5 Punkten 

Zusammen mit ihren Eltern lebt die 19-jährige Ida Chagall 1935 in Paris. Ihr berühmter Vater Marc nutzt jede Gelegenheit Ida als Modell zu malen. Doch die innige Beziehung von Vater und Tochter bekommt einen ersten Riss, als Ida sich heimlich mit dem Studenten Michel trifft. Die Besatzung Frankreichs durch die Deutschen zwingt die Familie zur Flucht. Doch Marc will die Bedrohung nicht sehen und bringt damit die Familie in tödliche Gefahr. Ida bleibt ihrem Vater auch in Amerika weiter verbunden und organisiert Ausstellungen und Verkäufe. Ihr eigenes Leben spielt dabei nur eine Nebenrolle, bis jemand anderes die Fäden in die Hände nimmt.

Gloria Goldreich hat sich an die schwierige Aufgabe gemacht, einen biografischen Roman über das Leben von Ida Chagall zu schreiben. Von 1935 an begleitet man das Leben der jungen Frau, das durch die Dominanz ihres berühmten Vaters Marc Chagall geprägt wurde. Der Schreibstil wirkt dabei beobachtend, leise und eher begleitend. Es gibt interessante Einblicke in die Arbeit des Malers und die Schaffung verschiedener berühmter Gemälde. Eine emotionale Nähe zu den Figuren konnte ich als Leser jedoch nicht aufbauen. Man ist dennoch fasziniert und berührt von der außergewöhnlichen Lebensgeschichte.

Die Welt der Künstlerfamilie findet abgeschottet von der übrigen Welt in einem eigenen Kosmos statt. Alles richtet sich nach den Regeln und Launen des Malers. Ida soll nach seinem Empfinden immer die reine Tochter bleiben. Ihre ungewollte Schwangerschaft trübt die Verbindung von Vater und Tochter. Die Kriegswirren führen die Familie an unterschiedliche Orte und als eine Flucht aus Frankreich unausweichlich ist, verschlägt es einem den Atem als Marc Chagall das Leben seiner Familie geringer einschätzt als die Rettung seiner Bilder: 

"Marcs Geschichte barg keine Frage in sich, es war eine Feststellung, und die Bestimmtheit, mit der er gesprochen hatte, war erschreckend. Er hatte Michels Frage beantwortet. Ja, hatte er gesagt, seine Bilder waren wichtiger als ihrer aller Leben."
Obwohl Marc mit Arroganz und fehlender Anerkennung nicht geizt, bleibt er Idas Lebensmittelpunkt. Ihre Beziehungen zu anderen Männern können der Dominanz des Vaters nicht standhalten. So ist denn auch ein Bild, dass Ida zur Hochzeit von ihrem Vater geschenkt bekam, ihr ständiger Begleiter. Der Hochzeitsthron symbolisiert für mich ihre Einsamkeit und die Verbundenheit zu ihrem Vater.
Das Bild kann man sich hier anschauen.

Idas Ängste werden durch immer wiederkehrende Träume verdeutlicht. Die Poesie der hier verwendeten Sprache entspricht den Bildern Chagalls:


"Sie gleiten, alle drei, werden wie Zephire auf sachten Brisen getragen, sanft gebettet auf Wolken, hoch oben über den brennenden Dörfern und den dunklen Reihen der Soldaten, die durch das Land marschieren, das sie einst das ihre nannten."
Trotz der Intensität der Geschichte, gibt es einige Längen, die das Lesevergnügen schmälern. Besonders der stille Kampf zwischen Ida und Virginia, der neuen Gefährtin von Marc, wird sehr oft erwähnt.

Leider endet Idas Geschichte mit der Geburt ihrer Zwillinge. Ihr weiterer Lebensweg bis zum Tod im Jahre 1994 findet keine Erwähnung mehr.

Der Roman besticht durch die tiefen Einblicke in das Familienleben von Ida Chagall mit all seinen traurigen und überraschenden Facetten. Die biografische Nähe und die historischen Fakten wecken die Neugier sich weiter mit dem Thema "Chagall" zu beschäftigen.

Samstag, 3. Oktober 2015

Amsterdam blutrot von Lena Avanzini

http://www.emons-verlag.de/programm/amsterdam-blutrot
    Erscheinungsdatum: 16.07.2015
    Verlag: Emons 
    ISBN: 9783954516612
    Flexibler Einband: 256 Seiten

    Meine Bewertung: 4,5 von 5 Punkten 

In Amsterdam führt Maxi Mikulicz auf ihrem Hausboot ein eher beschauliches Leben. Doch als die Töne ihrer Klavierschüler scharfkantig und blutrot werden, ahnt sie, dass etwas passiert sein muss. Die Mutter eines Schülers wurde ermordet und Maxi stolpert mitten in den Tatort, der gerade von Hoofdinspecteur Bontekoe untersucht wird. Die vermeintliche Unfähigkeit des Beamten bringt Hobbykriminalistin Maxi auf die Idee, die Ermittlungen auf eigene Faust durchzuführen. Doch als weitere Frauen ermordet werden, gerät Maxi selbst in Gefahr.


Lena Avanzini hat einen spannenden und gleichzeitig unterhaltenden Krimi geschrieben. Humor und Nervenkitzel bilden eine interessante und außergewöhnliche Synergie. Eigenwillige, aber liebenswerte Charaktere geben dem Krimi eine besondere Note.

Die sympathische und leicht chaotische Klavierlehrerin Maxi Mikulicz agiert als Hobbyermittlerin. Durch ihre Musik-Farben-Synästhesie spürt sie im Vorfeld Veränderungen und Gefahren. Dank intensiver Krimilektüre und Leidenschaft für den indischen Ermittler Aravind Bhaduri meint Maxi, die Mordfälle allein klären zu können. Ihre naive und übereifrige Herangehensweise bringt sie mehr als einmal in Gefahr, sorgt aber auch für viele Schmunzelmomente.

Hausboot-Mitbewohner sind Medizinstudentin und Model Tess, die oft wechselnde Männerbekanntschaften und manchmal auch Leichenteile zum Experimentieren mit nach Hause nimmt und Fotograf Rudel, der leider jede Pflanze inbrünstig totpflegt und dessen Zimmer einer Müllhalde gleicht.

Der Ermittler, der es mit Maxi nicht gerade leicht hat, ist Hoofdinspecteur Cornelius Bontekoe. Durch seine ausgeprägte Klavierlehrerinnen-Phobie ist jedes Aufeinandertreffen mit ihr die reinste Qual. Der optisch etwas aus der Form geratene brummlige Single zeigt auf den zweiten Blick, dass er sein Herz am rechten Fleck sitzen hat.

Ungewöhnlich sind einige Passagen, in denen vermeintlich tote Gegenstände ein Eigenleben bekommen. Ihre Sicht auf die Dinge gibt dem Leser detaillierte Informationen zum Tatgeschehen.

Die Entwicklung der Geschichte ist spannend und gibt erst am Ende die Lösung preis.

Die gekonnte Mischung aus Humor und Spannung macht diesen Unterhaltungskrimi zu etwas Besonderem.

Mehr auf der Autorinnen-Seite



Herzlichen Dank an Lena Avanzini für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.

Mittwoch, 30. September 2015

Der Jungfrauenmacher von Derek Meister






    Erscheinungsdatum: 15.06.2015
    Verlag: blanvalet 
    ISBN: 9783734100604
    Flexibler Einband: 320 Seiten

    Meine Bewertung: 5 von 5 Punkten 

Im Nordseeküstenort Valandsiel wird nach einer Sturmflut die Leiche einer Frau angespült. Noch bevor der junge Polizeichef Knut Jansen mit den Ermittlungen richtig beginnen kann, taucht am gleichen Tag eine weitere Frauenleiche im Wasser auf. Dank der ehemaligen FBI-Profilerin Helen kann Knut erste Erfolge verzeichnen. Die Zeit drängt, denn seit 30 Jahren wird immer im Sommer ein weiteres Mädchen vermisst.


Derek Meister  hat mit dem Auftakt einer neuen Thriller-Serie um das Ermittlerteam Henning und Jansen einen fesselnden und spannenden Gänsehautthriller geschaffen. Der Schreibstil ist von der ersten Zeile an packend und bekommt durch die kurzen Kapitel ein rasantes Tempo.

Die Charaktere wirken sehr lebendig und werden detailliert und glaubhaft geschildert. Knut Jansen hat es als junger Polizeichef in Valandsiel nicht einfach. Er hat die Nachfolge seines Vaters angetreten und eckt häufiger als ihm lieb ist, bei seinen untergebenen Kollegen an. Die ständige Präsenz seines im Ruhestand befindlichen Vaters macht es ihm auch nicht leichter. Charmant ist sein Auftreten als Dorfsheriff. Cowboystiefel und ein Sheriffstern im Wagen komplettieren seine Vorliebe für Westernhelden.

Helen Henning gerät eher unfreiwillig in die Ermittlungen. Eigentlich wollte sie sich nur um den Nachlass ihres verstorbenen Vaters kümmern. Doch als ehemalige FBI-Ermittlerin kommt sie Knut als Unterstützung gerade recht. Ihre Vergangenheit und die damit verbundenen Ängste machen es ihr aber nicht gerade einfach, sich auf den Fall einzulassen.

Beklemmend und gleichzeitig spannend sind die Einblicke in sein Handeln, die der Mörder dem Leser gewährt. Seine Opfer wählt er gezielt aus, beobachtet, taxiert und wägt genau ab. Denn nicht jedes Mädchen ist für ihn die Richtige: 

"Du darfst sie nicht berühren. Du darfst sie nicht beschmutzen. Sie müssen rein bleiben.“
Der Spannungsbogen wird von Anfang an hoch gehalten und nur durch kurze Passagen leicht unterbrochen. Man fiebert mit den Ermittlern um jedes gewonnene Detail. Die Lösung scheint greifbar und wird auf schreckliche Weise widerlegt. Ein hochspannendes Finale rundet den gelungen Thriller ab.

Auf den zweiten Fall von Knut und Helen darf man gespannt sein.


Weitere Informationen sind auf der Autorenseite  und in einem Beitrag von Radio Bremen zu finden

[Aktion] Das Krimifest Hannover und Umgebung am 30. September 2015

http://www.krimifest-hannover.de/veranstaltungen/montag-21-9/

Veranstaltungen am 30.09.2015

 

  • Hannover: Elisabeth Herrmann »Der Schneegänger«

 

Montag, 28. September 2015

[Aktion] Das Krimifest Hannover und Umgebung am 28. September 2015

http://www.krimifest-hannover.de/veranstaltungen/montag-21-9/

Veranstaltungen am 28.09.2015

 

  • Hannover: Dietmar Wunder »Der große James-Bond-Abend«

  • Hannover: Krimitheater »Fitzek – Der Seelenbrecher«

 

Samstag, 26. September 2015

Der Tod kommt schnell von Tommie Goerz

http://www.arsvivendi.com/Buch/Kategorie/9783869135045-Der-Tod-kommt-schnell
    Erscheinungsdatum: 31.03.2015
    Verlag: ars vivendi 
    ISBN: 9783869135045
    Flexibler Einband: 150 Seiten

    Meine Bewertung: 4,5 von 5 Punkten 

Eine Geschichte muss nicht blutig sein, um Gänsehaut zu verursachen. Manchmal reichen wenige Seiten, um einen Fall lebendig werden zu lassen und auch Ermittler spielen nicht immer die Hauptrolle.


Tommie Goerz  beweist mit seinen 12 kurzen Kriminalgeschichten, wie vielseitig Spannung sein kann. Sehr glaubhaft und intensiv werden die Gefühle der Protagonisten und deren Umgebung wiedergegeben. Ob man dabei einem Mörder, einem Zeugen oder einem Opfer über die Schulter blickt, merkt man vielleicht erst am Ende der Geschichte. Besonders interessant ist es, wie viele Fragen sich beim Lesen auftun. Fast jede Geschichte könnte mehrere Wege gehen und der Leser fragt sich, "was wäre wenn" ....

Das Spektrum der Fälle ist vielschichtig. Es geht u.a. um Vorverurteilung, Vergeltung, Kaltblütigkeit, Gesellschaftskritik und Selbstjustiz.

Natürlich darf Kommissar Friedo Behütuns nicht fehlen, aber mehr als 2 Geschichten darf er diesmal nicht ausfüllen.

Mir haben diese besonderen Fälle sehr gefallen und mich gedanklich beschäftigt. Manchmal ist ein zweiter Blick nötig, um etwas richtig zu sehen und nicht immer ist das Gesetz das Maß aller Dinge.  

 

Donnerstag, 24. September 2015

[Aktion] Das Krimifest Hannover und Umgebung am 24. September 2015

http://www.krimifest-hannover.de/veranstaltungen/montag-21-9/

Veranstaltungen am 24.09.2015

 

  • Hannover: »Kriminelles Speedating«

  • Hannover: Robert Brack »Lenina Rabe«

  • Hannover: Thomas G. Krage »Der Schlüssel der Tredici«

  • Hannover: Max Bentow »Das Dornenkind«

  • Hannover: Slam Poeten »Von guten Cops und bösen Cops«


 

Mittwoch, 23. September 2015

[Aktion] Das Krimifest Hannover und Umgebung am 23. September 2015

http://www.krimifest-hannover.de/veranstaltungen/montag-21-9/

Veranstaltungen am 23.09.2015

 

  • Krimi-Kino: Wolfgang Menge »Stahlnetz – Spur 21«

  • Hannover: Kriminelle Stadtspaziergänge

  • Hildesheim: Workshop »Postkartenkrimis«

  • Hannover: Richard Birkefeld »Single Malt und Doppelmord«

  • Burgwedel: Marion Griffiths-Karger »Rathausmord«

 

 

 

 

 

Montag, 21. September 2015

[Aktion] Das Krimifest Hannover und Umgebung am 21. September 2015

http://www.krimifest-hannover.de/veranstaltungen/montag-21-9/

Veranstaltungen am 21.09.2015


  • Ricklingen: ein kriminelles Abendbrot »Ein Pils, ein Sekt, ein Todesfall«

 

  • Hannover: Andreas Gruber »Racheherbst«

 

  • Hannover: Richard Birkefeld »Single Malt und Doppelmord«

 

  • Krimi-Kino: Wolf Haas »Der Knochenmann«

 

Samstag, 19. September 2015

Liebe, M.A. von Lina Barold




    Erscheinungsdatum: 24.08.2015
    Verlag: Feelings 
    ISBN: 9783426434123
    ebook: 435 Seiten

    Meine Bewertung: 5 von 5 Punkten 

Die Masterarbeit und ihr zukünftiges Arbeitsleben lassen Germanistik-Studentin Sira eigentlich keine Zeit für Gefühlsdinge. Doch obwohl sie von Silvan, ihrem ehemaligen Professor, getrennt ist, kehren ihre Gedanken immer wieder zu ihm zurück. Als sie sich zufällig über den Weg laufen, sind alle guten Vorsätze dahin. Leidenschaftlich, doch nicht mehr unüberlegt, hofft Sira auf eine Beziehung mit ihm. Doch auch der sympathische Erik scheint immer wichtiger für sie zu werden.


Hinter der Autorin Lina Barold verbergen sich die Literaturübersetzerin Nina Restemeier und die Kulturpädagogin Anna L. Schmidt. Ihrem unterhaltsamen, humorvollen Schreibstil, der mit einem Hauch Erotik durchsetzt ist, ist man schnell verfallen. "Liebe, M.A." ist die Forsetzung von "Studium Emotionale" und schließt direkt an die Handlung des ersten Teils an. Auch ohne Vorkenntnisse findet man sich schnell in die Handlung hinein, den vollen Lesespaß erlebt man aber erst, durch beide Teile.

Gleich im Prolog wird man von Details aus Siras Zukunft überrascht, die einem während des Lesens immer wieder durch den Kopf gehen. Man versucht die fehlenden Puzzleteile zu entdecken, ist neugierig auf die Auflösung.

Wie schon im ersten Teil ist Sira immer noch voller Leidenschaft für Goethe und dessen Werke entbrannt. Durch seine Worte findet sie Trost und Halt. Doch auch Inhalte aus populären Filmen finden hier ihren Platz. Wer Star Wars, Harry Potter u.a. kennt, wird amüsiert zwischen den Zeilen lesen.    


      "Ich reiße die Augen auf – ich bin ein Rätsel für Silvan? Na prima, dann bin ich wohl
      Bella, er ist Edward – und damit bin ich die Einzige, deren Gedanken er nicht lesen kann,
      und das macht den Reiz des Ganzen aus."



Nicht nur Sira, sondern alle Charaktere entwickeln viel Ausstrahlung, ob nun positiv oder negativ. So ist der Großunternehmer Bräuer sicherlich nicht die sympathischste Figur, er besticht aber durch seine direkte, unverschämte Art. Liebenswert sind Siras Freundinnen Ama und Vicka, die ihr tatkräftig zur Seite stehen, wenn auch nicht immer kritiklos.

Im Mittelpunkt steht Siras Gefühlschaos. Entscheidungen sind zu treffen und diesmal muss sie ganz allein ihren Weg finden. Hier geht es um mehr, als sich für einen Mann zu entscheiden.


"Es sind nicht zwei Herzen, die in meiner Brust schlagen. Es ist nur
eines, und das sieht nicht gut, es sieht in verschiedene Richtungen. Goethe ist nicht nur in meinem Kopf, in meinen Gedanken, in meinem Leben. Er ist in meinen Gefühlen. Mein Herz hat den Goethe-Blick."


Besonders gefallen hat mir der offene Umgang mit dem Begriff Liebe. Es gibt so viele Facetten und jeder muss selbst herausfinden, wie und wen er liebt.

Die Mischung aus klassischer Literatur, Blogbuster-Zitaten und Alltagssituationen ist einzigartig und macht Spaß beim Lesen.


Mehr zum Buch und den Autorinnen:

Montag, 7. September 2015

30 Songs und eine Frau von Christine Weiner

http://www.ullsteinbuchverlage.de/nc/buch/details/30-songs-und-eine-frau-9783547712070.html

    Erscheinungsdatum: 07.08.2015
    Verlag: Marion von Schröder 
    ISBN: 9783547712070
    Flexibler Einband: 368 Seiten

    Meine Bewertung: 5 von 5 Punkten 

Elternhaus ausräumen, Mutter im Altenheim versorgen, Haushalt schmeissen. Die 50-jährige Anne funktioniert, bis ihr alles zuviel wird. Als sie eine Musikkassette mit Lieblingssongs und Wünschen aus ihrer Teenagerzeit findet, wird ihr klar, dass sie sich selbst aus den Augen verloren hat. Eine Schneekugel mit Prater-Riesenrad gibt ihr das Reiseziel vor und ehe sie sich versieht, hat sie sich in einer ungewöhnlichen Wiener Frauen-WG eingemietet. Die Verwandlung nimmt ihren Lauf und ein Zurück in den Alltagstrott kommt gar nicht in Frage.

Christine Weinerhat einen herzerfrischend schwungvollen Roman geschrieben, der völlig unkompliziert das Problem vieler Frauen beschreibt. Frauen organisieren Familie, Haushalt und Arbeit und vergessen mit der Zeit sich selbst. Die Wandlung vom verstaubten Falter zum schillernden Schmetterling geschieht in der Traumstadt Wien. Die Autorin setzt die Stadt so gekonnt in Szene, dass man am liebsten selbst die Koffer packen möchte. Die Wiener mit ihrem Schmäh werden mit viel Leichtigkeit und Augenzwinkerei beschrieben. Man schließt jeden Charakter sofort ins Herz.

Die ersten Seiten über Annes Alltagseinerlei wirken trostlos, langweilig und traurig. Ihre Mutter, von Anne "Fürstin" genannt, erteilt Befehle und Anne kuscht. Ihr Ehemann spricht nur noch das Notwendigste mit ihr und kümmert sich um seine Karriere. Anne funktioniert und tut, was man von ihr erwartet. 

"In Wirklichkeit fühlte ich mich nicht nur verpflichtet, sondern gleichzeitig
unglaublich ausgeliefert und benutzt."

Fast war ich schon dabei, das Buch zur Seite zu legen, als die Handlung Fahrt aufnimmt. Teenager-Erinnerungen von verrückten Menschen, Tanzeinlagen und Erdbeersektnächten lassen eine wage Ahnung der jungen Anne aufkommen. Zögernd, aber entschlossen, flieht Anne nach Wien und sucht sich dort eine Bleibe. Die vermeintliche Frauen-WG entpuppt sich als Wohnstätte zweier schillernder Travestie-Künstler, die schriller und herzlicher nicht sein könnten. Marlene und Greta lassen Anne keine Zeit zum Nachdenken, denn jetzt wird erst einmal gelebt.
"Wo gehört man hin, wenn man nicht mehr eindeutig weiß, wo man wirklich
hingehört? Wenn das, was Versprechen, Ablauf, Raster, Vorgabe war, sich
aufgelöst hat? Ich war sinnbildlich aus dem Haus meines Lebens getreten,
stand nun im Garten und blickte verwundert auf das, was einst mein Leben
gewesen war."

Dieses Buch macht einfach gute Laune und sorgt für heftige Schmunzelattacken.ttttttttt






Vielen Dank an den Verlag Marion von Schröder  für das Rezensionsexemplar.