Freitag, 15. Januar 2016

Entführung mit Jagdleopard von Kirsten Boie

http://www.oetinger.de/buecher/kinderbuecher/details/titel/3-7891-2023-5/19330/3156/Autor/Kirsten/Boie/Entf%FChrung_mit_Jagdleopard.html
    Erscheinungsdatum: 15.10.2015
    Verlag: Oetinger
    ISBN: 9783789120237
    Fester Einband: 320 Seiten

    Meine Bewertung: 4 von 5 Punkten 

Die 10-jährige Jamie-Lee lebt zusammen mit ihrem älteren Bruder und ihrer Mutter in einem Sozialbau. Als die alkoholkranke Mutter ins Krankenhaus eingeliefert wird, ist Jamie-Lee allein auf sich gestellt. Als sie beim Einkaufen auf Fee trifft, nimmt sie diese spontan bei sich auf. Nicht ahnend, dass diese ausgerissen ist und aufgrund ihres reichen Vaters als vermeintlich entführt gilt. Als Jamie-Lee aus Tierliebe auch noch Herrn Wildeck mit seinem altersschwachen Jagdleoparden mit in die Wohnung bringt, nimmt das Chaos seinen Lauf.


Kirsten Boie hat sich an ein schwieriges Thema für ein Kinderbuch gewagt. Der Schreibstil ist lebendig, verständlich und auch für allein lesende Kinder gut geeignet. Die Kapitel werden durch gelungene Illustrationen von Susann Opel-Götz begleitet. Wer bei einem Kinderbuch an heile Welt, umsorgte Kinder und HappyEnd denkt, wird hier ein völlig neuartiges Kinderbuch-Genre kennenlernen.

Gesellschaftskritisch und schonungslos offen zeigt die Autorin die Welt von Jamie-Lee. Ihre Mutter liegt den lieben langen Tag alkoholisiert auf dem Sofa. Niemand kümmert sich um das Mädchen, interessiert sich für ihre Sorgen. Doch durch Jamie-Lees positive und natürliche Ausstrahlung bekommt diese triste Welt Glanz. Obwohl sie wenig hat, nimmt sie spontan Fee und den Obdachlosen Herrn Wildeck samt Jagdleopard bei sich auf. Spannend und voller Witz versucht die kleine Chaostruppe aus ihrer heillosen Lage herauszukommen. Dabei geht es nicht immer legal zu, wird aber am Ende erklärend und verständlich gelöst.

Tabuthemen wie Armut, Obdachlosigkeit, Alkoholismus werden kindgerecht aufgearbeitet und bieten die Möglichkeit, sich unkompliziert damit auseinanderzusetzen. So wird z.B. gezeigt, dass es leider nicht immer selbstverständlich ist, genug zu essen zu haben und dass unsere Gesellschaft lieber Lebensmittel entsorgt als an Notdürftige abzugeben.

Einziger Kritikpunkt ist für mich die teilweise sehr lockere Sprache der agierenden Kinder und die vielen ausgeschriebenen Schimpfwörter. Es hätte auch gereicht, zu schreiben, dass Sohn und Mutter sich anschreien und beleidigen.

Nach anfänglicher Sorge, meinen Sohn (11 Jahre) allein lesen zu lassen, habe ich mich auf diesen Versuch eingelassen. Tatsächlich mochte er die erwähnten Schimpfwörter auch nicht, war aber von der Geschichte an sich sehr angetan. Besonders das Schicksal des Jagdleoparden, der als altersschwaches und kostenintensives Zirkustier getötet werden sollte, hat ihn bewegt. Ein ähnlicher Fall um einen Schimpansen war gerade in der Presse.
Wir haben noch lange nach dem Lesen immer wieder Gesprächsstoff gefunden und konnten an die behandelten Themen anknüpfen.  

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