Freitag, 22. April 2016

Im Schatten der Lombardis von Berit Paton Reid




    Erscheinungsdatum: 08.10.2015
    Verlag: Bastei Lübbe
    ISBN: 9783404172665
    Flexibler Einband: 784 Seiten

    Meine Bewertung: 3,5 von 5 Punkten 

Über Generationen hinweg hat die Genfer Privatbank Lombardi ihren guten Ruf aufgebaut. Durch eine gewagte Spekulation bringt Pascal Lombardi das Familienunternehmen in Gefahr. Eine Investmentbank fordert über einen Margin call 1 Milliarde Dollar zurück und der drohende Ruin scheint nicht mehr abwendbar. Ausgerechnet in dieser brisanten Situation, in der alle Beteiligten an einem Strang ziehen sollten, bricht die Familie Lombardi auseinander. Pascal verschwindet spurlos, der Geschäftsführer der Bank ist tot und das Familienoberhaupt schockiert alle mit einem jahrzehntelang gehütetem Geheimnis.


Berit Paton Reid hat sich mit ihrem Debütroman an ein schwieriges Thema gewagt. Der als Thriller angekündigte Roman hat für mich eher die Struktur eines Wirtschaftskrimis. Die Welt der Privatbankiers wird hier sehr detailliert und gut recherchiert transportiert. Leider ist der Einstieg für Bank-Laien erst einmal recht schwer. Viele Begriffe und Abkürzungen wie Margin call und MBS (mortgage-backed security) bleiben auf den ersten Seiten unerklärt. Ein angefügtes Fremdwörterverzeichnis wäre hilfreich gewesen. Der Schwerpunkt liegt anfangs auf den Personen, die detailliert beschrieben werden. Dabei ist das gewählte Stilmittel, Personen über sich selbst berichten zu lassen, manchmal etwas holprig, hilft dem Leser aber, Personenbeziehungen aufzubauen.

Wer die ersten Seiten erfolgreich gemeistert hat, findet sich in einer Geschichte voller Intrigen, Machtspiele, Gier und Hass wieder, dem Tradition, Pflichtbewusstsein und Familienzusammenhalt gegenüberstehen. Durch den Prolog ist der Bösewicht der Geschichte leider schon offensichtlich enttarnt. Die Zusammenhänge, warum Joel Silverstein der Familie Lombardi schaden will, wird aber erst Puzzlestein für Puzzlestein am Ende der Story gelüftet. Man sieht hinter die Kulissen der Reichen und Mächtigen. Wie funktioniert über Generationen hinweg ein Bankunternehmen, das von einer Familie geführt wird. Welche Abhängigkeiten und Verpflichtungen entstehen. Anhand der Familie Lombardi werden Höhen und Tiefen sehr deutlich. Gekonnt wird der immer stärkere asiatische Einfluss dargestellt.



"Wir denken in Generationen und nicht in Quartalen!"
Die Handlungsorte reichen von Genf, Hongkong, Dubai nach New York und zeigen die schillernde Welt der unbegrenzten Möglichkeiten. Spannung wird durch den drohenden Ruin der Bank und die kurze Zeitspanne der Problemlösung aufgebaut. Unterschiedliche Charaktere und deren Herangehensweise an die brenzlige Situation zeigen immer neue Blickwinkel auf das Geschehen. Besonders die Frauen im Roman haben wichtige Schlüsselszenen und zeigen den toughen Bankern durch geschicktes Taktieren, wie ausweglose Situationen gelöst werden können.

Der Roman enthält alle wichtigen Eckpunkte für eine spannende Unterhaltung, über die Länge konnte aber kein Spannungsbogen gehalten werden. Mir fehlen lebendige Charaktere und Emotionen. Die Dialoge wirken wie am Reißbrett entworfen. Häufige Wiederholungen von bereits bekannten Sachverhalten sind überflüssig und beeinträchtigen den Lesegenuss.

Den angekündigten Thriller konnte ich nicht entdecken, dafür aber einen spannenden Wirtschaftskrimi mit überraschendem Geheimnis.

 


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