Freitag, 10. Juni 2016

Frühstück mit den Borgias von DBC Pierre


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    Erscheinungsdatum: 14.03.2016
    Verlag: Blumenbar
    ISBN: 9783351050269
    Fester Einband: 224 Seiten

    Meine Bewertung: 4 von 5 Punkten 


Der wichtige Informatik-Kongress in Amsterdam muss ohne den Bostoner Professor Ariel Panek stattfinden, denn dichter Nebel lässt seinen Flug schon in Suffolk enden. Seine heimliche Geliebte Zeva wartet unterdessen bereits voller Unruhe in Amsterdam auf eine Nachricht von ihm. Doch so sehr Ariel sich auch bemüht, aus dem düsteren Küstenhotel eine Außenverbindung herzustellen, sein Handy bleibt netzlos.


DBC Pierre hat einen fast schon gefährlich fesselnden Schreibstil, der einen direkt in die skurrile und einsame Welt des Hotels The Cliffs an der englischen Küste entführt. Der Autor spielt mit dem Leser, verschleiert, experimentiert und erschreckt. Manche Szenen waren so verwirrend absurd, dass ich überlegte, das Buch zur Seite zu legen, doch die Neugier auf Auflösung war größer. Großartige Charaktere werden so deutlich gezeichnet, dass man sich selbst mit deren Neurosen konfrontiert sieht. Man kann sich diesem Spuk nicht entziehen.

Der junge Professor Ariel scheint seinen Aufenthalt in Amsterdam minutiös geplant zu haben. Dank allgegenwärtiger technischer Möglichkeiten bleibt die Verbindung seiner Geliebten Zeva zu ihm auch über die Kontinente hinweg bestehen. Fahrpläne, Ankunftszeiten, Treffen, alles ist abgesprochen. Doch dann reißt die Verbindung ab und er verzweifelt an seiner Handlungsunfähigkeit.

"Und draußen war es grau und totenstill. Er blickte in den Nebel und sah nur ein Universum, das aus Partikeln bestand; und in dieser Nacht waren sie zur Bewegungslosigkeit gefroren."
Gleiches wiederfährt Zeva, die förmlich an ihr Handy gefesselt, auf eine Nachricht von Ariel wartet:
"Zeva hielt das Handy wie ein Gebetsbuch in ihren kleinen behandschuhten Händen. Es schien, als habe es noch nie zuvor geklingelt. Trotz der fehlenden Nachrichten warf es einen Lichtschimmer auf ihr Gesicht, und allein das war ein so wohltuendes Versprechen, dass sie ihren Blick nicht von dem Display lösen konnte."
Man bekommt einen Spiegel unserer digitalen Zeit vorgehalten. Immer online und erreichbar. Was passiert, wenn man sich nur noch mit der direkten Umgebung auseinandersetzen kann.

Für Ariel bedeutet das, sich mit der im Hotel logierenden Familie, der Borgias, zu arrangieren. Ihr Verhalten und ihr exzentrisches Auftreten sind so unvorhersehbar, dass man ständig überrascht oder schockiert wird. Für Ariel ist es eine Achterbahnfahrt zwischen Wirklichkeit und Fiktion mit ungewissem Ausgang.

Dieser Roman stiftet Verwirrung, überrascht mit einem absolut unerwartetem Ende und zeigt, wie hilflos wir plötzlich ohne unsere scheinbar lebensnotwendigen Helferlein sind.

Ein ungewöhnliches Leseerlebnis für Leser, die es etwas spooky mögen.



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